Grenzerfahrungen und Sinnfrage

BEDADEVA-Blog von Eva Bernhardt

„Grenzerfahrungen und Sinnfrage“ – genau so lautete schon damals das Thema meines Kolloquiums im Fach Religion beim Abitur. Es schien kein leichtes Thema zu sein und mir wurde von dieser Themenwahl auch von meinen Lehrern abgeraten und dennoch habe ich es gewählt.

Einer meiner Hauptgründe war wohl, dass ich mich während meiner Jugend schon intensiv mit dem Thema „Was ist der Sinn des Lebens“ auseinandersetzte, da ich eine äußerst mittelmäßige Schülerin war und mich als Außenseiterin in der Schule erlebte, insgesamt unzufrieden mit mir war und mir nichts zutraute und deswegen keine Perspektive für mein Leben sah. Ich fühlte mich fremd in dieser Welt und fragte mich, was das Ganze soll.
Außerdem faszinierte mich neben den Ideen von Religionen und philosophischen Lehren, die evtl. Antworten auf meine Lebensfragen hätten geben können, vor allem auch Elisabeth Kübler-Ross mit ihren Berichten über Nahtoderfahrungen.

Das war also meine erste intensivere Auseinandersetzung und Begegnung mit dem Thema der „Sinnfrage und Grenzerfahrungen“.

Und in der letzten Zeit drängt sich mir dieses Thema durch einige Erfahrungen wieder auf.
Die jüngste Erfahrung ist der plötzliche Tod zwei unserer Meerschweinchen innerhalb von zwei Tagen. Das eine Meerschweinchen schenkte uns noch die Chance, ihn während seiner letzten Lebensstunde zu begleiten, das andere lag ohne irgendein Vorzeichen am nächsten Tag tot im Käfig. Meine Kinder sind untröstlich – genauso wie wir Erwachsenen. Dieses Erlebnis führt einen an die „Grenzen“ des Lebens und lässt einen nach dem Sinn dieses Ereignisses fragen, überhaupt nach dem Sinn des Lebens und was man hätte anders machen können – das WARUM drängt sich mir und meinen Kindern dabei auf. Und jede Antwort erscheint unzulänglich.

Auch unser Autounfall vor einem guten Monat, als uns ein kleiner Lieferwagen ungebremst, mit voller Geschwindigkeit auf unser stehendes Auto aufgefahren ist, als wir nach links abbiegen wollten, um beim Schacherbauer Hofladen unsere Wochenendeinkäufe zu erledigen. Der Fahrer des Lieferwagens war schwer alkoholisiert und hat unser blinkendes Fahrzeug wohl übersehen.
Der Aufprall war völlig überraschend und enorm. Wir hatten alle einen schweren Schock und lange Schmerzen im HWS- und BWS-Bereich und fühlten uns allgemein mit Muskelkater etwas „durchgestaucht“ von oben bis unten. Mein 13-jähriger Sohn hatte eine Gehirnerschütterung und infolgedessen eine schwere Amnesie (Gedächtnisverlust) und war 2 Tage stationär im Krankenhaus.
Sein Gedächtnis kam aber nach und nach wieder zurück und mit naturheilkundlicher Schock- und Notfallmedizin und der Behandlung bei meinen Osteopathie-Kollegen wurden wir wieder hergestellt. Und damit könnte man sagen, dass nichts „Schlimmes“ passiert ist außer dem Total-Blech-Schaden an den betroffenen Fahrzeugen.

Und auch da könnte sich einem wieder die Frage nach dem WARUM aufdrängen – wir wollten das offensichtlich nicht und der Fahrer des Lieferwagens wollte das auch nicht.
Und obwohl sein Handeln äußerst fahrlässig und unverantwortlich war, kann ich ihm nicht einfach die Schuld zuschieben – es waren ja WIR, denen der Unfall passierte – ausgerechnet WIR und niemand anders – also hat es auch mit uns etwas zu tun… nur was und warum… und auch das führt wieder an die Grenzen unseres Verstehens, stellt alles Wissen in Frage und lässt nach dem Sinn des Ganzen fragen.

Sehr zu knabbern habe ich auch an den Erfahrungen, die ich nun schon zweimal mit dem plötzlichen Tod von jungen Menschen – Kindern machte, die ich gut kannte. Den Schock und die Trauer der Eltern und Geschwister mit zu erleben – es schien so sinnlos und man steht so ohnmächtig vor solch einem Leid und kann nichts weiter geben als sein Mitgefühl und sein Dasein in solchen Situationen, die uns an die Grenzen des Vorstellbaren führen.
Wenn solche Dinge passieren – die keiner so wollte – fragt sich jeder unweigerlich nach dem Sinn des Ganzen. Alles, was wir zu wissen schienen, schenkt keinen Halt in diesen Grenzsituationen. Alles, was uns sonst so wichtig erscheint im Alltagsgetümmel, wirkt plötzlich bedeutungslos anhand des Ausmaßes solchen Leids und man sucht nach Antworten und beginnt demütig zu verstehen, dass die Antworten auf solche Grenzen und Sinnfragen außerhalb dessen liegen, was wir durch menschliches Wissen oder Verstehen festnageln könnten.

Zuflucht und Halt findet man dann nur noch in „ungewissen“ Dingen wie dem Glauben und dem Vertrauen auf etwas, das man mit Mitteln des Verstandes nicht fassen kann.
Und wie ich so oft durch Mitmenschen und Patienten schon erfahren durfte, ist dieser Glaube und das Vertrauen auf eine gütige, höhere Macht das wichtigste und beste Mittel, was einen aufrichtet und über alle Grenzen hinweg eine Kraft schenkt, Unglaubliches zu schaffen – es bringt einen in den Bereich der Wunder. Wunder sind einfach nur das, was außerhalb unseres Vorstellungsrahmens liegt. Und ich durfte Zeuge dieser Wunder werden, was zum einen vorwiegend durch meine Arbeit die Heilung von Krankheiten betrifft aber vor allem auch den heilvollen Umgang mit Grenzerfahrungen.
Dabei danke ich demütig allen Menschen und Tieren, die mich an ihrem inspirierenden Weg im Umgang mit Grenzerfahrungen teilhaben ließen. Ihr Umgang schenkt oft selbst den leidvollsten Situationen wieder Sinn.

Dankbar bin ich auch für mein eigenes Nahtoderlebnis am 21.02.2009 bei der Geburt meines dritten Kindes Rafael – er musste 6 Wochen früher über einen Kaiserschnitt entbunden werden, da ich plötzliches Nieren – und Leberversagen hatte und der Blutdruck völlig entgleiste. Zuerst hatte ich dabei unsägliche Schmerzen, bevor ich im Aufruhr des OP-Saals in eine wohlige Ohnmacht wegsackte und dabei in ein unglaublich schönes Gefühl von leuchtendem Frieden fiel. In dieser Freiheit nahm ich so viele Dinge wahr – es ist schwer in Worte zu fassen. Ich erinnere mich, Dinge gleichzeitig und parallel zueinander wahrgenommen zu haben, obwohl sie in unterschiedlichen Zeitabschnitten meines Lebens lagen oder gar nie eingetroffen sind. Dabei war aber das Entscheidende der urteilsfreie Frieden, der mich trug. Dieses Getragensein im Frieden hielt noch etwa bis 4 Wochen nach der Geburt von Rafael an und befähigte mich dazu, in sehr entspannten Momenten, weitere Lebens-Räume im Raum wahrzunehmen, die mit uns in gütiger Weise interagierten. Und ich „wusste“ Dinge, die eintreten werden oder die eben an anderen Orten stattfanden… Und trotz dieser „erleuchtenden“ Erlebnisse, hatte ich mit Schmerzen nach der OP zu tun und den üblichen Sorgen, Zweifeln und Ängsten der materiellen Welt, mit denen ich mich bis heute wieder herumschlage, wie jeder andere Mensch auch… Aber die Erinnerung an diesen Frieden, der hinter allem ruht und uns trägt, blieb – zum Glück.

Mein persönlicher Weg jetzt im Umgang mit diesen Dingen, die uns an die Grenzen des Vorstellbaren führen, ist die Meditation. Meditation bedeutet für mich, auf eine göttliche Güte und Weisheit zu vertrauen, die hinter all dem Schauspiel des Lebens liegt. Das Ziel der Meditation ist für mich, jenseits all den Fragen und Antworten, die sich uns durch das Leben selbst und all den daraus entstandenen Philosophien aufdrängen, Frieden und damit Sicherheit zu finden.
Innerer Frieden ist für mich das höchste Gut, aus dem alles ganz natürlich erwachsen kann – ob Heilung von Krankheiten oder Güte, Freiheit, Schönheit, Harmonie und Segen in der materiellen Welt.
Und in tiefer Meditation erhalte ich immer wieder die gleichen Antworten nach dem Sinn von allem:

Freut Euch an dem Leben, das Euch geschenkt wurde – freut Euch an jeder möglichen Gefühlsnuance, die ihr empfinden könnt.
Seht, genießt und lasst die Liebe erstrahlen, die die Quelle allen Lebens ist.
Seid glücklich und teilt inspirierend und kreativ Euer Glück – das ist Euer Daseinszweck.
Und vergebt einander, damit die Natur des Lebens – Freude, Liebe, Frieden und Glücklichsein immer wieder neu erstrahlt und erblüht im Leben von Euch allen – Ihr seid geliebt und ihr seid Liebe…
… mehr gibt es nicht zu tun oder zu wissen…