Gottes Allmacht und die Freiheit des Menschen

BEDADEVA-Blog von Bernhard Künzner

Ich habe kürzlich einen Satz gelesen, über den nachzudenken sich lohnt:
„Gottes Allmacht findet seine Grenze vor der Freiheit des Menschen.“
Es war auch nicht irgendwer, der dieses Aussage getroffen hat, sondern Papst Johannes Paul II.

Für mich stellt sich hierzu die Frage: Ist Gott nun allmächtig oder nicht?
Stellen wir doch einmal ein Gedankenspiel an; stellen wir uns vor, wir wären Gott und allmächtig. Wir könnten
tatsächlich alles erschaffen und bewirken, was immer uns in den Sinn kommt.
Also ich würde vermutlich als erstes einen perfekten Menschen erschaffen, einen, der alle Konflikte
friedlich löst, der mit allen teilt, was er zu geben hat, der alle Lebenwesen mit Respekt behandelt, der
die Erde behandelt wie seine eigene Mutter. Dieser Mensch hätte quasi ein Gen in sich, das verhindert, auch
nur annähernd an etwas Böses zu denken, so ähnlich wie diese künstlichen Roboter-Wesen aus
Science-Fiction-Filmen, die so programmiert sind, dass sie sich niemals gegen einen Menschen wenden.
Dabei stößt man auf ein Problem: Was ist böse?

Ist es böse, ein Schwein zu schlachten, wenn man hungrig ist?
Ist es böse, die Frau eines anderen zu begehren, wenn man spürt, wie unglücklich sie mit ihrem Mann ist?
Ist es böse, einem anderen eine warme Mahlzeit und ein Bett zu verweigern, wenn man selbst kaum genug hat?
Ist es böse, einem anderen den Arbeitsplatz streitig zu machen, wenn man besser dafür geeignet ist?
Ist es böse, sich ein großes Haus zu bauen, während der Nachbar sich nur ein kleines leisten kann?
Ist es böse, bei einem Brand zuerst sein eigenes Haus zu löschen?

Es gibt noch viele andere Situationen, in denen gut und böse nicht eindeutig zu definieren sind.
Eine Möglichkeit, es dennoch zu tun, wäre der Kantsche Imperativ:
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
Kant war sich dieser Formulierung nicht ganz sicher, denn er hat später noch mindestens vier weitere Formeln
zu seinem Imperativ entwickelt. Daran sieht man eigentlich schon, dass auch der Kantsche Imperativ nicht
als Grundlage für eine eindeutige, das Böse verhindernde Eigenschaft geeignet ist.
Gut und böse sind nun mal vom Menschen gemachte Begriffe. Man braucht sich nur einmal unsere Gesetzgebung
und unsere Rechtsprechung anzuschauen, um sofort zu erkennen, dass es keine kategorischen Merkmale gibt. Oft
entscheiden nur ein Gesetzeskommentar oder die besseren Argumente darüber, ob eine Handlung gut oder böse war.

Also – ich komme als Gott ganz schön ins Schwitzen, wenn ich einen perfekten Menschen erschaffen will.
Oder ist der Mensch, wie wir ihn kennen vielleicht gar nicht so übel?
Er hat zwei grundlegende Eigenschaften mitbekommen, die ihn zum perfekten Menschen machen können:
Die Fähigkeit zu lieben und die Fähigkeit zu vergeben. Diese beiden Eigenschaften existieren jenseits einer
fixierten Form. Sie sind in jedem von uns uns vorhanden und machen uns zum Ebenbild Gottes.

Gottes Allmacht macht insoweit nur deshalb an der Freiheit des Menschen halt, weil er ihn mit allem
ausgestattet hat, um selbst göttlich wirken zu können.