Der bequeme Mensch

BEDADEVA-Blog von Bernhard Künzner

Kaum ein Mensch ist so uneinsichtig, dass er nicht genau wüsste, was er zu tun hätte, um die Welt zu verbessern.
Ein einfacheres Leben, eine gerechte Verteilung der Ressourcen, mehr Mitgefühl und weniger Egoismus, das wären
vielversprechende Lösungsansätze für die meisten Probleme in unserer Welt. Warum handeln wir nicht dementsprechend?
Ich glaube, dass jedes Lebewesen, allen voran der Mensch, danach strebt, ein bequemes Leben zu haben. Mein Hund
beispielsweise, der genauso gut draußen in einer Hundehütte existieren könnte, nimmt gerne den Luxus in Anspruch,
in einem geheizten Haus zu leben. Aber damit gibt er sich nicht zufrieden; sobald er sich einmal einen Platz auf
der Couch erobert hat, ist er mit dem Fußboden nicht mehr zufrieden. Der Mensch verhält sich genauso. Wenn er ein
Haus mit Heizung, Bad, fließend Wasser, Strom etc. haben kann, wird er sich mit einer einfachen Hütte nicht mehr
zufrieden geben. Wenn er sich ausrechnet, dass er z.B., mit Mehrarbeit zusätzlichen Luxus bekommen kann, wird er
diese Möglichkeit ausschöpfen, vor allem, wenn er diesen Luxus bei anderen sieht.
Erst in zweiter Linie macht er sich Gedanken darüber, zu welchem Preis er diesen Luxus erwirbt. Selbst wenn er
begreift, dass sein Luxus einen moralisch nicht vertretbaren ökologischen Fußabdruck hinterlässt, wird er seinen
Lebensstandard verteidigen. Zwar sucht er nach neuen, nachhaltigen Energiequellen, aber er nimmt sie nur in
Anspruch, solange sie ihm keinen Verzicht abverlangen.
Jedoch befürchte ich, dass auch neue Energiequellen nicht zu einem schonenderen Umgang mit unserer Welt führen,
weil die Verteilung der Energie nach kapitalistischen Grundsätzen erfolgt. Jemand verschafft sich die Rechte für
etwas, was uns die Erde gratis zur Verfügung stellt (wie teilweise das Trinkwasser) und verkauft dieses Etwas
(auch Energie). Dadurch werden einige Unternehmer sehr reich und streben nach noch mehr Luxus. Dieser Luxus bleibt von der breiten Masse nicht unbemerkt (soll er ja auch lt. Unternehmer gar nicht, weil die Bedürfnisse nach mehr geschürt werden müssen, um den Konsum am Laufen zu halten).
Ein typisches Beispiel ist die Multimedia-Welle. Obwohl niemand tatsächlich in jedem Zimmer und in jedem Auto
einen Zugang zu allen möglichen Musik- und Video-Kanälen braucht, glaubt es jeder haben zu müssen, weil die
Werbung suggeriert, dass das Leben dadurch bequemer wird. Dies hat wieder einen enormen Energiebedarf zur Folge.
Dass der Mensch dafür länger und zum Teil härter arbeiten muss, wird ihm zunächst gar nicht bewusst.
Daher bin ich der Meinung, dass ein Umdenken dringend nötig ist. Schon in der Grundschule sollte vermittelt werden, dass mehr Haben nicht automatisch bedeutet, glücklicher zu sein. Es gibt hierzu schon vielversprechende Ansätze in Großbritannien und den USA (z.B. das MindUP-Programm, dass Kinder lehrt, ihre Intuition zu stärken). Im Grunde aber bräuchten wir nur die seit tausenden von Jahren in allen Glaubensrichtungen bekannten Weisheitslehren zu befolgen.
Alles, was wir brauchen, um glücklich zu sein, tragen wir IN UNS. Es sind unsere Gedanken über uns und die Welt um uns herum, die uns glücklich oder unglücklich machen. Jesus Christus hat nicht ohne Grund gesagt: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher ins Himmelreich.“ Reich sein heißt nicht, sich mit Materiellem zu umgeben, sondern zu wissen, dass man glücklich ist, sobald man beschließt, glücklich zu sein.
Einen Schritt zurückzugehen, auf einen einmal erworbenen Luxus zu verzichten, ist für uns schwache Menschen sehr
schwierig. Aber wenigstens könnte man für sich beschließen, nur das zu kaufen, was man tatsächlich braucht und nur solche Waren, deren Erzeugungsweg man kennt. Wir sollten als Vorbilder für kommende Generationen dienen und einfaches Leben als Privileg preisen. So radikal es klingt: Wir müssen die Marktwirtschaft mit ihren eigenen Waffen schlagen. Keine Waren kaufen, für die teure Werbung gemacht wird, sich nicht dem Modediktat unterwerfen, überfüllte Straßen meiden, sich Zeit nehmen für längere Reisen, auch mal die Bahn nehmen oder das Fahrrad, eigene Lebensmittel im Garten anbauen, Kaputtes reparieren statt wegzuwerfen, nichts kaufen, nur weil es im Sonderangebot ist, Billigdiscounter meiden etc. Achtsamer Umgang mit allen Dingen bedeutet, sich bewusst machen, dass alles aus Ressourcen unserer Erde produziert wurde. Ich würde es begrüßen, wenn dieses Denken in die Politik Einzug halten würde. Realistisch gesehen dauert es ein, zwei Generationen, bis man ein über hundert Jahre lang gültiges Denken verändert. Doch irgendwann muss man damit anfangen.